Ende Mai machten wir uns auf nach Rüsselsheim zu einem Ausstellungsbesuch der besonderen Art.
In den Opelvillen ging die Ausstellung „Frieda Riess und YVA. Fotografien 1919 – 1939“ ihrem Ende entgegen und wir hatten uns noch rechtzeitig zu einer Abendführung mit Cocktail angemeldet.
Die beiden Fotografinnen waren uns zuvor nicht bekannt. Im Laufe der kompetenten und sehr interessanten Führung erfuhren wir, dass beide zu ihrer Zeit recht erfolgreich und durchaus populär waren („Die Riess“). Der später weltberühmte Fotograf Helmut Newton machte im Atelier von YVA ein Praktikum.
Zu sehen waren überwiegend Portraits- und auch Werbefotos, deren Bildsprache uns heute sehr bekannt vorkommt, aber zu ihrer Entstehungszeit als neu und richtungsweisend – insbesondere für Fotografinnen – angesehen werden kann.
Wegen ihrer jüdischen Abstimmung wurden sie leider Opfer des Naziregimes: YVA erhielt Berufsverbot und die Nazis zerstörten ihr Atelier. 1942 wurden YVA und ihr Mann Alfred Simon im Vernichtungslager Sobibor ermordet. Frieda Riess emigriert nach Paris, wo sie sich offenbar dem Zugriff der Nazis entziehen kann. Ihr Vermögen in Deutschland wird eingezogen. Nach dem Krieg verliert sich ihre Spur. Von beiden existieren offenbar keine Nachlässe und sie geraten weitgehend in Vergessenheit.
Die Fotos der Ausstellung entstammen dem Archiv des Ullstein Verlags, für dessen Magazin UHU beide zeitweise gearbeitet haben. Die Ausstellung ist eine Leihgabe des Fotografie Forum der Städteregion Aachen, wo sie bereits von März bis Juni 2022 zu sehen war.
Dass Frieda Riess und YVA – die sich wohl nicht kannten – nicht ganz in Vergessenheit gerieten, ist u. a. ein Verdienst von DAS VERBORGENE MUSEUM, das es sich zum Ziel gesetzt hat, „Lebenswerk und Lebensgeschichte von Künstlerinnen bekannt zu machen, die aus den unterschiedlichsten Gründen in Vergessenheit geraten sind.“ Leider ist dieses Museum zwischenzeitlich geschlossen worden und existiert gegenwärtig in Form seiner Webseite weiter. Dort finden sich je ein Ausstellungsbericht sowie die Biografien der beiden Fotografinnen.
Im Anschluss an die einstündige Führung ließen wir uns im Foyer unseren Cocktail schmecken und diskutierten fleißig über die Ausstellung. Es folgte ein kleiner Abendspaziergang in die Rüsselsheimer Innenstadt, wo wir den Abend in einer Pizzeria ausklingen ließen.
Titelbild
Yva, Ohne Titel (Créme Mouson), 1937
(Ausschnitt aus dem Plakat zur Ausstellung, mit Freundlicher Genehmigung der Kunst- und Kulturstiftung Opelvillen Rüsselsheim
Links und weiterführende Informationen
Hinweis
Wir erhielten von den Opelvillen ein kleines Kontingent an Freikarten, das auf die Eintrittspreise für die Abendführung angerechnet wurden. Dieser Bericht über unseren Ausstellungsbesuch erfolgte aus freien Stücken. Die Opelvillen haben diesen weder beauftragt noch in irgendeiner Weise Einfluss auf den Inhalt genommen.